Historische Forschungen und ihre Ergebnisse
Die Nachforschungen zur Geschichte und Bedeutung des Bildstocks waren schwierig. Eine Reihe von Personen hat sich daran beteiligt, so Herr Manfred Beine (Stadtarchivar in Rietberg), Herr Dr. Michael Orlob (Vorsitzender des Heimatvereins Rietberg), Herr Prof. Dr. Alwin Hanschmidt (Universität Vechta, inzwischen emeritiert), Herr Wilhelm Krüggeler (Genealogische Forschungen, Paderborn) lieferte sämtliche Quellen aus dem Archiv der Grafen, sowie Schwester Gertrudis Kaiser aus dem Ursulinenkloster Bielefeld. Sie alle brachten hier ihre besonderen historischen Kenntnisse ein. Ihnen sei an dieser Stelle recht herzlich gedankt.
Zur Entstehung des Bildstocks kann folgendes festgehalten werden: Es handelt sich um ein Bildwerk zum Gedenken an Johannes Theodor Floer (+ 1719). Dieser stammte mit großer Wahrscheinlichtkeit von dem Mastholter Zweitägerhof Adolf Floer, Nr. 65 (alte Hausnummer nach dem Urkartaster aus dem Jahre 1820). Das entspricht der heutigen Adresse Halaustr. 50.
Theodor Floer, ein gräflicher Lakai, Tafeldecker und Silberverwahrer
Zum Werdegang von Johannes Theodorus Floer¹ lassen sich in den Akten der Grafschaft Rietberg im Staatsarchiv Münster mehrere Belege finden. Laut gräflichem Bestallungsbuch von 1674 wurde Floer vom Grafen Friedrich Wilhelm von Ostfriesland und Rietberg (1650-1677) am 20. Februar 1674 als Lakai in den Dienst genommen. Der Vermerk lautet folgendermaßen:
„1674, den 20. February, ist Johan Floer auß der Grafschaft Rittberg bey Graff Friederich Wilhelm für einen Laqueien angenommen, dessen Gage jährlich 15 Rtlr.“ ²
Weitere Zahlungsbelege beweisen eine lang andauernde Stellung Floers am gräflichen Hof zu Rietberg. Im Jahre 1683 steigt Floer zum gräflichen „Tafeldecker“ auf.
„A[nn]o. 1683, den 20. Febr[uary] ist dieser für Tafeldecker angenommen und bekommt jährlich 30
Rtlr.“„Den 11. 2. 1689 zu Collen zur völligen Abzahlung eines halben Jahres Gage 15 Rtlr.“
Nach dem Tod des Erbgrafen Friedrich Wilhelm, er fiel am 7. Oktober 1677 bei Metz, dürfte Floer zunächst bei dessen Bruder und späteren Nachfolger Graf Franz Adolf Wilhelm (1651-1690) in Stellung gewesen sein. Dieser war zunächst Domherr zu Köln, Straßburg, Paderborn und Osnabrück. Im Jahre 1689 musste Adolf Wilhelm Köln verlassen. Er floh nach Straßburg, wo er am 15. März 1690 starb. Erst als auch die Gräfin Franziska von Manderscheid-Blankenheim, die Witwe des 1687 verstorbenen weiteren Bruders Ferdinand Maximilian Graf von Ostfriesland und Rietberg (1653-1697), mit ihrer Tochter, der Rietberger Erbgräfin Maria Ernestine Franziska (1687-1758), Rietberg verlassen hatte, dürfte Johann Floer das Amt des Silberverwahrers auf dem nun weitgehend verwaisten Schloß Rietberg übertragen worden sein.
Zwar lebte das neue Grafenpaar, Maximilan Ulrich Graf von Kaunitz-Rietberg (1679-1746) und Maria Ernestine Franziska Gräfin von Ostfriesland und Rietberg nach seiner Eheschließung im Jahre 1699 überwiegend in Wien, Brünn und Austerlitz, doch wurde die Hofhaltung in Rietberg nicht vollständig aufgegeben. Sie wurde wohl wegen der häufigen längeren herrschaftlichen Besuche in Rietberg und wegen der bis 1746 auf dem Schloß residierenden gräflichen Landesregierung noch in bescheidenem Umfang beibehalten. Erst unter deren Sohn und Nachfolger Wenzel Anton Fürst von Kaunitz-Rietberg (1711-1794), der Rietberg nur in seinen jungen Jahren dreimal besucht hatte, kam sie nahezu vollständig zum Erliegen.
In den Gehaltsabrechnungen der gräflichen Rentkammer zu Rietberg finden sich folgende Einträge:
- 1718: „dem Tafeldecker Johan Flohr sein Jahr-Lohn: 25 Reichsthaler“³
- 1719: „ dem Tafeldeckeren Johan Flohr seine Gage à 1ma Jan. biß ende 8bris 25 Reichthaler“⁴
Zu seinem recht niedrigen Gehalt, der Rietberger Kanzleidirektor etwa bekam 300 Rtlr. jährlich, empfing Flohr noch ein jährliches Holzgeld in Höhe von 10 Rtl.
Das nur bis Oktober 1719 gezahlte Gehalt deutet auf ein Ende des Dienstverhältnisses hin. Tatsächlich starb Johann Floer am 20. Oktober 1719, wie aus einer Bittschrift seiner Verwandten an den Landesherrn vom 6. Februar 1720 hervorgeht.⁵ Wenige Monate später wurde ein Nachfolger gefunden. Ab dem 1. März 1720 empfing erstmalig Christian Welp als neuer “Taffeldeckeren” ein Gehalt.⁶
Prozesse und Erbstreitigkeiten, Begehren des Vetters, Klage der Witwe
Zu Lebzeiten von Johann Floer kam es zu mehreren Prozessen. Aufschlussreich ist eine Darstellung der Ereignisse von seiner Hand, angefertigt am 10. Juli 1719.⁷ In diesem Schreiben teilt Johann Floer mit, dass seines abgelebten Vetters Johann Dietrich Floer nachgelassene Witwe mitgeteilt habe, ihr Mann habe noch Brautschatzforderungen an seinen elterlichen Hof. Sie wolle kommen, um die Zahlung einzufordern.
Diese Reise, so die Darstellung von Johann Floer, sei aber gänzlich überflüssig, da er seinen Vetter seit dessen Jungend in Kost und Kleidung unterhalten und auch das Schulgeld bezahlt habe. Später habe er ihn in Essen auch noch die Gärtnereikunst erlernen lassen.
Johann Floer listet in diesem Zusammenhang alle Ausgaben für den Vetter auf. Und obwohl Johann Dietrich Floer aus der elterlichen, allzu geringen Hofstätte nach Landesgebrauch nicht mehr als 15 Rtlr. zustünden, so wolle er, Johann Floer, dennoch – allein aus Güte und ohne alle Schuldigkeit – noch einmal 50 Rtlr. sofort auszahlen. Es wird noch gesagt, dass Johann Floer seinem Vetter Johan Dietrich Floer schließlich auch noch den gräflichen Freibrief mit der Erlaubnis, die Grafschaft zu verlassen, verschafft habe und der jetzige Besitzer der Floerschen Hofstätte vor ungefähr 14 Jahren 10 Rtlr. vom Meyer zu Mastholte ausgeliehen hatte, um sie Johan Dietrich Floer damals mitzugeben..
Vom 6. 11. 1719 stammt die Klage der Witwe Johan Dietrich Floer aus Rees im Clevischen gegen Johann Floers seelige Erben. Über eine gütliche Einigung heißt es wie folgt:
„Erschien und bittet dasjenige, was seelig Johan Floer ihr versprochen und vermacht, ihr mitzugeben. Weil nun dieselbe von weiten Westen hergekommen, und itzto vor sich und ihrer Tochter Joannna Dorothea an Eides statt höchlich versichert, daß nach Empfang der Ihre Tochter vermachten 50 Rtlr. keine Ansprache vor ihr oder ihrer Tochter jemals an Flöhren Stette oder deren Besitzer und Nachkommen gemachet werden sollen, sie auch die Gelder nach Abzug der Reisekösten woll belägen und vor ihrem Kinde conservieren wolle, alß seynd ihr die 50 Rtlr. in lauter guten Zweydrittel Stücken zugezahlet und abgefolget worden.“⁸
In heutige Sprache lauten das Begehren und der Einigungsvorschlag wie folgt: