Der Forscher würdigt Ergebnisse von Heimatforscher und Gründungsmitglied des Heimatvereines Bert Bertling zum Ursprung der Mastholter Kirche, zeigt aber auch überraschende neue Beobachtungen.
In seiner Dissertation hat Dr. Richard Christian Wiltsch aus Wachtendong aufgezeigt, dass die Planung mittelalterlicher Kirchen und deren Positionierung sich an den örtlichen Festtagen orientiert. Dieses ist nicht durch schriftliche Quellen belegt, wohl aber durch die Beobachtung, dass die meisten Kirchen nicht, wie Isidor von Sevilla schreibt, exakt nach Osten gerichtet sind. Den Nachweis führt er durch eine flächendeckende Untersuchung mit über 1.000 Kirchenstandorten in NRW und weiteren 400 Kirchen, darunter auch bekannte Bauten des Frühchristentums.
Dr. Wiltsch hat sich in seiner Arbeit auch intensiv mit der St. Jakobus Kirche in Mastholte beschäftigt und stütz die Vermutung, dass unsere Kirche von einem Franziskaner geplant wurde. In seiner Dissertation hat er die Bauregel für die diversen Winkel gefunden, waren bis zum Mittelalter die Weihetage für die Ausrichtung dominant, so verschiebt sich mit der frühen Neuzeit der Festtag hin zum Kirchenheiligen.
Mastholte hat gleich zwei Kirchenheilige. Anton, der Ende Januar sein Fest hat und damit einen Sonnenaufgang Richtung Südost, sowie Jakobus dÄ, der üblicherweise Ende Juli gefeiert wird. Aber die frühe Kirche hatte für Jakobus auch den 26. März (Ostkirche) und legendär den 1.4.44 als Gedenktag. Die Kirche in Santiago ist so orientiert, dass am 1. April die Sonne axial aufgeht, nicht am 25. Juli. In der Kirche in Neukirchen bei Hülchrath, (beide auch auf Jakobus geweiht) geht die Sonne sowohl am 1. April als auch am Kirchweihtag (1. September) axial in der Kirchenachse auf. (Gerechnet auf das Jahr 1200, dem Neubau des romanischen Teils der Kirche.)
Und so eine Doppelausrichtung besitzt nun unsere Kirche in Mastholte, stellt Dr. Wiltsch fest. Zwar nicht absolut präzise, die Gesetze der Fehler und Bautoleranzen sind zu beachten. Am 29. März ginge in Mastholte heute noch die Sonne axial auf, wenn das Ostfenster noch freien Horizont hätte.
Er hat weitere Kirchen mit dieser Orientierung gefunden, wie z.B. die 1742 von Franziskaner erbaute Waldkapelle von Reken. Aus dem 17. Jahrhundert hat er unter anderen Franziskanerklöster gefunden, die nach dem westfälischen Frieden in zahlreichen Städten gebaut wurden. Das „Zeughaus“ von Neuss, die Kapuzinerkirche in Borken oder die Minoritenkirche in Brilon sind zum Festtag des Empfangs der Stigmata des hl. Franziskus (17. September) orientiert.
St. Jakobus in Mastholte hat den zweiten axialen Sonnendurchgang am 15. September. Diese beiden „Solltage“, also den 1. April für Jakobus und den 17. September für Franziskus gemittelt ergibt auf 0,2° genau die Orientierung der Kirche. Das ist viel genauer, als man eigentlich eine Absteckung realisieren konnte, und führt zu einer Abweichung von weniger als 1,5° für die jeweils richtigen Tage, so dass dies kaum vom Kirchenbesucher bemerkt werden würde. Es ist sicherlich kein Beweis, aber es könnte die Vermutung eines Architekten aus dem Franziskanerorden unterstützen.
Eine weitere Besonderheit ist Dr. Wiltsch aufgefallen. Die Erklärung des Namens Mastholte aus dem Überschleifen des m zum Ostholte ist in seinem Heimatdorf zwischen Neuss und Grevenbroich auch geschehen. Dort lebten seine Urahnen zur Zeit der Erbauung Ihrer Kirche noch „auff’m Uhlenrath“. Seit etwa 1720 schreibt man stets „Muhlenrath“ bzw etwas jünger Mühlenrath, heute kurz Mühlrath. Und weil nebenan eine Wassermühle an der Erft steht, ist es aus den Köpfen nicht heraus zu bringen, dass die Mühle, die vom Grafen von Dyck im 17. Jahrhundert neu gegründet wurde, nicht seinem Heimatort den Namen geben konnte. Das Wappen der Herren, späteren Grafen von Dyck, findet sich auch auf dem Wappenstein von St. Jakobus in Mastholte! Es sind drei rote rauten in Silber und sie sind Bestandteil des Wappens der Grafen von Salm-Reifferscheid-Dyck, deren Geschlecht die Ehefrau unseres Kirchenstifters entstammte.
Dr. Wiltsch steht im Austausch mit dem Heimatverein Mastholte und gratulierte uns zu unseren Forschungen, die im Wesentlichen von Bert Bertling zusammengetragen wurden. Er ist an weiteren Details sehr interessiert. Wer hier mehr helfen kann, meldet sich gerne beim Heimatverein Mastholte e.V.